29. September 2020
EGMR, Bulgarien

Anforderungen an Ablehnung einer Geschlechtsänderung im Register

Der EGMR hat mit einem Urteil vom 9.7.2020 (Y.T. gegen Bulgarien) entschieden, dass die Weigerung Bulgariens, die Geschlechtsänderung eines Klägers im Register zuzulassen, im konkreten Fall eine Verletzung des Rechts auf Privatleben (Art. 8 EMRK) bedeute. In dem Fall hatte eine als Frau geborene Person seit längerem als Mann gelebt und nach einer Hormonbehandlung auch das physische Aussehen eines Mannes. Eine operative Geschlechtsumwandlung war ihr vor der Anerkennung der Geschlechtsänderung nicht möglich.

Der Gerichtshof stellte fest, dass die bulgarische Rechtsprechung mangels präziser gesetzlicher Regelungen in solchen Fällen an der Rechtsprechung des EGMR orientiert sei, nach der dem sozialen Geschlecht ein hohes Gewicht zukomme und ein operativer Eingriff zur Geschlechtsumwandlung nicht erforderlich sei. Vor diesem Hintergrund sei die Begründung der Ablehnung der Geschlechtsänderung im konkreten Fall unzureichend. Zudem sei es nötig gewesen, ein Allgemeininteresse zu identifizieren, das dem Klägerinteresse an der Vornahme einer Geschlechtsänderung entgegenstehe und die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen.

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