28. November 2018
Veranstaltung im November

Bergmann-Autorenforum am 23.11.2018

In Frankfurt am Main fand am 23.11.2018 ein Autorenforum zu Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, statt, zu welchem der Verlag anlässlich der Erweiterung der Herausgeberschaft des Werkes eingeladen hatte. Zum 1.1.2018 waren Prof. Dr. Anatol Dutta (Professor für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der LMU München) und Prof. Dr. Hans-Georg Ebert (Professor für Islamisches Recht am Orientalischen Institut der Universität Leipzig) als Mitherausgeber des Bergmann an die Seite von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Dieter Henrich (em. Professor für Bürgerliches Recht und Rechtsvergleichung an der Universität Regensburg) getreten.

Etwa ein Drittel der über 50 aktiven Autoren des heute 22 Bände umfassenden Loseblattwerkes war aus dem In- und Ausland angereist, um die Gelegenheit zu einem Austausch wahrzunehmen. 

In einem von Professor Dutta moderierten ersten Themenblock referierte zunächst Professor Henrich zum Thema „Rechtsfolgen der Auflösung nichtehelicher Gemeinschaften“. In seinem Vortrag stellte er den Wandel der rechtlichen Wahrnehmung nichtehelicher Gemeinschaften dar und untersuchte im Anschluss anhand von Beispielfällen, welche Kollisionsnormen auf güterrechtliche, unterhaltsrechtliche und erbrechtliche Ansprüche nichtehelicher Partner Anwendung finden können.

Sodann sprach Professor Ebert zum Thema „Die Urfi-Ehe in den islamischen Ländern und ihre Wirkung außerhalb der islamischen Welt“. Er berichtete, dass die Urfi-Ehe, d.h. die ohne staatliche Mitwirkung nach islamischem Recht geschlossene Ehe, aus verschiedenen gesellschaftlichen Gründen vielerorts wieder mehr Zuspruch erhält und ging auf die Rechtsfolgen dieser Ehen ein.

Im zweiten, von Professor Henrich moderierten Block referierte zunächst Professor Dutta zum Thema „Ausländisches Verfahrensrecht – ein Thema für den Bergmann/Ferid/Henrich?“. Ausgehend von der Zweckrichtung des Werkes, deutschsprachigen Juristen und vor allem deutschen Richtern den Zugang zum ausländischen Familienrecht zu ermöglichen, untersuchte er die Relevanz des ausländischen Verfahrensrechts für die deutsche Rechtspraxis und arbeitete die Punkte heraus, in denen trotz Vorherrschens des lex-fori-Prinzips Informationen erforderlich seien.

Es folgte der Vortrag von Dr. Reinhard Giesen (Richter für Familiensachen am Amtsgericht Lübeck und Autor für Dänemark, Schweden und Norwegen) mit dem Thema „Der Bergmann/Ferid/Henrich in der familienrichterlichen Praxis“. Anhand des Beispiels einer aus dem Iran zugereisten Familie mit minderjährigem Kind, in Bezug auf die ein Sorge- und Umgangsrechtsfall zu lösen war, demonstrierte er die vom deutschen Richter vorzunehmende Anwendung ausländischen Rechts. Er wies darauf hin, dass der deutsche Richter in Fällen mit Auslandsbezug auch da, wo das ausländische Recht nicht unmittelbar anwendbar sei, dies doch mitbedenken müsse, z. B. im Hinblick auf die Akzeptanz bei den Beteiligten und die Anerkennungsfähigkeit deutscher Urteile im Heimatland.

An eine rege Diskussion zu den beiden vorangegangenen Vorträgen schloss sich ein Referat von Prof. Dr. Knut Benjamin Pißler (Professor für chinesisches Recht an der Universität Göttingen und wissenschaftlicher Referent am MPI für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg, Autor für VR China und Republik Korea) über das Thema „Chinesisches Kindschaftsrecht – Neue Entwicklung bei der elterlichen Sorge“ an. Der Vortrag, in dem auch die große Bedeutung untergesetzlicher Rechtsgrundlagen in China deutlich wurde, kam zu dem Schluss, dass auch nach einer jüngsten Änderung der Rechtsgrundlagen nicht restlos klar sei, ob zwischen Eltern eine Vereinbarung über die Übertragung des Sorgerechts an nur einen Elternteil möglich sei.

In der Diskussion wurde u.a. die Frage thematisiert, ob in China eine Rückbesinnung auf traditionelle chinesische Rechtsvorstellungen stattfindet, was Professor Pißler vorsichtig bejahte, aber nicht in allen Fällen für begrüßenswert hielt.

Auch im folgenden Vortrag im Rahmen des von Professor Ebert moderierten dritten Vortragsblocks stand das Recht eines Kulturraums im Mittelpunkt: Dr. Jan Peter Schmidt (wissenschaftlicher Referent am MPI für ausländisches und internationales Privatrecht, Autor für Brasilien, Paraguay und El Salvador) sprach zum Thema „Familienrecht in Lateinamerika: zwischen Tradition und Liberalisierung“. Er stellte dar, wie auf einem früher im Familienrecht stark von Vorstellungen der katholischen Kirche geprägten Kontinent schrittweise eine Modernisierung des Familienrechts stattgefunden hat, die in einzelnen Staaten nicht nur zu einem Einholen, sondern sogar zu einem Überholen liberaler europäischer Rechtsvorstellungen geführt hat.

Im Abschlussvortrag befasste sich Dr. Hatem Elliesie (wissenschaftlicher Referent in der Abteilung Recht und Ethnologie des MPI für ethnologische Forschung in Halle und Autor für den Sudan) mit dem Thema „Recht und Rechtsverständnisse in Afrika – Tradition versus Moderne?“ Dabei arbeitete er eine Differenzierung zwischen demarkierender Funktion in Bezug auf die Abgrenzung zwischen verschiedenen Gruppen und distributiver Funktion des Rechts heraus, was er mit Beispielen aus verschiedenen afrikanischen Staaten illustrierte. Er kam zu dem Schluss, dass in Afrika staatliches Recht nicht immer und überall moderner sei als Gewohnheitsrecht.