26. Februar 2020

Brexit und internationales Familienrecht

Von Professor Dr. Anatol Dutta

Brexit: Mit Wirkung zum 31. Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgetreten – ein Schritt, der langfristig auch Konsequenzen für das Familienrecht und insbesondere das internationale Ehe- und Kindschaftsrecht haben wird.

Vorerst ändert sich durch den Brexit im Familienrecht freilich noch nicht allzu viel: Während des Übergangszeitraums, auf den sich die Europäische Union und das Vereinigte Königreich in dem Austrittsabkommen geeinigt haben und der am 31. Dezember 2020 endet, finden die unionsrechtlichen Rechtsakte weiterhin Anwendung, etwa die Brüssel-IIa-Verordnung, die Unterhaltsverordnung, aber auch die Gewaltschutzverordnung und ebenso das (über die EU als Vertragspartei geltende) Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007. Art. 67 des Austrittsabkommens ordnet an, dass die Regelungen dieser Rechtsakte zur internationalen Zuständigkeit sowie zur Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Entscheidungen weitergelten. Das Vereinigte Königreich wird insofern weiterhin wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt. Das Austrittsabkommen erstreckt sogar teilweise die Anwendung einzelner Unionsrechtsakte – unter anderem betrifft dies die Brüssel-IIa-Verordnung und die Unterhaltsverordnung – über den Übergangszeitraum hinaus, wenn die unter diese Verordnungen fallenden Verfahren vor dem Ablauf des Übergangszeitraums eingeleitet wurden.

Freilich sind noch viele familienrechtliche Fragen zum Brexit offen: Wann wird das Vereinigte Königreich die Übereinkommen, an denen es bisher nur als Mitgliedstaat der Europäischen Union partizipiert, ratifizieren? Die Absicht, das Haager Unterhaltsübereinkommen (siehe hier), das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen (siehe hier) und das Luganer Übereinkommen (siehe hier) vor Ablauf der Übergangszeit zu ratifizieren, hat es bereits kundgetan. Gilt die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf die Anerkennung von im EU-Ausland erworbenen Namen und womöglich anderen Statusverhältnissen auch nach dem Übergangszeitraum, jedenfalls für die Unionsbürger und britischen Staatsbürger, denen das Austrittsabkommen weiterhin eine Personenfreizügigkeit gewährt? Wird in einem Abkommen über die künftigen Beziehungen der Europäischen Union zum Vereinigten Königreich auch das internationale Familienrecht eine Rolle spielen?

Lesetipp: Einen Kurzüberblick über die unmittelbaren Auswirkungen des Brexit auf die Personenstandspraxis finden Sie in Anatol Dutta, „Brexit und Standesamt: Bye-bye? Vorerst nicht.“, StAZ Heft 3/2020; der Beitrag ist hier kostenlos abrufbar: