22. Juli 2013
Vereinigtes Königreich/England und Wales

Einführung gleichgeschlechtlicher Ehen in England und Wales

Der Marriage (Same Sex Couples) Act für England und Wales hat am 17.7.2013 den Royal Assent (der in etwa der Ausfertigung eines Gesetzes nach deutschem Verständnis entspricht) erhalten und ist damit verabschiedet. Folglich werden in Zukunft gleichgeschlechtliche Ehen in England und Wales zulässig sein (nicht aber in Schottland und Nordirland). Die diesbezügliche Regelung ist jedoch bisher noch nicht in Kraft. Nach Section 21 treten nur Section 21 (Bezeichnung des Gesetzes, Regelung über Inkrafttreten), Section 15 (Vorgaben für die Überprüfung des Civil Partnership Act) und Section 16 (Vorgaben für zu erlassende Pensionsanpassungsregelungen) sofort in Kraft; der Rest des Gesetzes erst an einem Tag, den der zuständige Minister hierfür festlegt (wobei unterschiedliche Termine für unterschiedliche Teile des Gesetzes festgelegt werden können). Dies soll den Erlass von Ausführungsbestimmungen und die Durchführung verwaltungstechnischer Anpassungen ermöglichen. Mit der Schließung erster gleichgeschlechtlicher Ehen wird derzeit für Sommer 2014 gerechnet.

Kern des neuen Gesetzes ist der in Sec 1 (1) festgelegte Grundsatz „Marriage of same sex couples is lawful.“. Nach Sec 9 wird neben der Eheschließung die Umwandlung von eingetragenen Partnerschaften (civil partnerships) in eine Ehe ermöglicht; Verfahrensvorschriften hierfür sind durch den Registrar General zu erlassen. Sec 10 regelt die Anerkennung nicht in England und Wales geschlossener gleichgeschlechtlicher Ehen und legt fest, dass diese nicht aus dem ausschließlichen Grund, dass es sich um eine gleichgeschlechtliche Ehe handelt, verweigert werden muss. Sec 11 stellt gleichgeschlechtliche Ehen in ihrer Wirkung verschiedengeschlechtlichen gleich. Das Adoptionsrecht war gleichgeschlechtlichen Paaren bereits durch den Adoption and Children Act 2002 zugesprochen worden und gilt unabhängig vom Bestehen einer Ehe.

Die Einigung über den Marriage (Same Sex Couples) Act war politisch nicht allzu kontrovers: die Parteiführungen der Konservativen, der Liberal Democrats und der Labour Party stehen hinter der Neuregelung und die Proteste in der Zivilgesellschaft erreichten bei weitem nicht das Ausmaß derer in Frankreich. Die Church of England (die englische Staatskirche) hatte sich allerdings zunächst vehement gegen das Gesetz ausgesprochen, dann jedoch durch ihre im Oberhaus vertretenen Bischöfe an der Parlamentsdiskussion darüber mitgewirkt, um einzelne Bestimmungen in ihrem Sinne zu gestalten.

Grundsätzlich ist vorgesehen, dass gleichgeschlechtliche Ehen auch vor Geistlichen geschlossen werden können. Dabei haben die Religionsgemeinschaften die Möglichkeit, sich frei hierfür zu entscheiden (Opt-in-Lösung). Einzelne Geistliche sind nicht zur Mitwirkung verpflichtet. Diese Regelungen gelten jedoch nicht für die Church of England, in der die Vornahme gleichgeschlechtlicher Eheschließungen nach ihrem Kirchenrecht, dessen Vereinbarkeit mit dem staatlichen Recht Sec 1 (3) des Gesetzes insoweit explizit statuiert, untersagt ist. Auch die Church in Wales (die keine Staatskirche i.e.S. ist) wird nicht an gleichgeschlechtlichen Eheschließungen mitwirken, hat allerdings nach Sec 8 des Gesetzes die theoretische Möglichkeit, durch einen Beschluss ihres Leitungsorgans einen dies ändernden Beschluss zu treffen; in diesem Fall wären durch den Lordkanzler ergänzende Bestimmungen zu erlassen. Da auch andere Religionsgemeinschaften gleichgeschlechtlichen Ehen kritisch gegenüberstehen, werden religiös geschlossene Ehen im Geltungsbereich des Gesetzes de facto die Ausnahme bleiben.

Gesetzestext

Webseite des Parlaments mit Übersicht zum Gesetzgebungsverfahren

Webseite der Regierung mit Erläuterungen zum Gesetz

Auch in Schottland hat die Regierung Ende Juni eine Gesetzgebungsvorlage zur gleichgeschlechtlichen Ehe vorgestellt. Es ist davon auszugehen, dass ein entsprechendes Gesetz verabschiedet wird; allerdings ist noch mit einer längeren Beratungszeit im Parlament zu rechnen.

Seite des schottischen Parlaments mit Übersicht über den Stand des Gesetzgebungsverfahrens

In Nordirland sind gleichgeschlechtliche Ehen weder zulässig, noch gibt es ein Gesetzesvorhaben zu deren Einführung.