19. Juli 2013
Costa Rica

Streit über gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften

In Costa Rica wird kontrovers darüber diskutiert, ob durch eine Anfang Juli verabschiedete Reform des Jugendgesetzes (Ley General de la Persona Joven) gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften von Partnern zwischen 15 und 35 Jahren, die mindestens drei Jahre zusammen leben, rechtlich anerkannt worden sind. In das Reformgesetz war die umstrittene Bestimmung – der neu eingefügte Art. 4 lit m des Gesetzes – erst kurz vor der Abstimmung aufgenommen worden, was von vielen Abgeordneten übersehen wurde. Trotz hierauf bezogener Intervention von Parlamentariern wurde das Gesetz durch Staatspräsidentin Laura Chinchilla unterzeichnet.

Vorgesehen ist in Art. 4 lit m eine an die Menschenwürde anknüpfende Nichtdiskriminierung von Lebensgemeinschaften in Bezug auf die Wirkungen von Art. 243 bis 245 des Familiengesetzbuches (die die Wirkungen tatsächlicher Lebensgemeinschaften von über drei Jahren Dauer betreffen), wobei Art. 243 wiederum auf Art. 242 des Familiengesetzbuches, der die Lebensgemeinschaft selbst regelt, verweist. Dies wurde (mit Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Menschenwürde und auf den ebenfalls neuen Art. 4 lit h des Jugendgesetzes, der u.a. Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung verbietet) so gedeutet, dass eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare nun nicht mehr möglich sei. Folglich seien gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften für den durch das Jugendgesetz angesprochenen Personenkreis anerkannt. Da das Jugendgesetz lex posterior zum Familiengesetzbuch sei, ändere es dieses.

Die Gegner dieser Auffassung argumentieren, es werde eben gerade nicht auf Art. 242 als die entscheidende Vorschrift – die explizit von Mann und Frau als Partnern einer Lebensgemeinschaft spricht – Bezug genommen, sondern nur auf die in den Folgeartikeln geregelten Wirkungen. Das Familiengesetzbuch könne nicht ohne explizite Nennung modifiziert werden. Der Verschiedengeschlechtlichkeit rechtlich anzuerkennender Lebensgemeinschaften komme Verfassungsrang zu, sodass eine Änderung nur mit verfassungsänderndem Gesetz möglich sei. Art. 4 lit m des Reformgesetzes sei in der vorgebrachten Auslegungsvariante außerdem verfassungswidrig, weil er bei deren Zutreffen Bürger über 35 Jahre diskriminieren würde (die nicht unter den Anwendungsbereich des Jugendgesetzes fallen).

Durch Vertreter der Opposition wurde die Erhebung einer Verfassungsklage angekündigt. Verschiedene juristische Fachleute äußerten sich skeptisch zu der in den Medien teilweise kritiklos verbreiteten These, dass mit der Neuregelung eine Gleichstellung erfolgt sei.