25. Mai 2023
Bulgarien

Urteil des Obersten Verwaltungsgerichtshofs im Pancharevo-Verfahren

Am 1.3.2023 hat der Oberste Verwaltungsgerichtshof Bulgariens das Endurteil (Entscheidung Nr. 2185) im Pancharevo-Verfahren gefällt. Er hob das Urteil der Vorinstanz auf und erklärte die Verweigerung der Ausstellung einer Geburtsurkunde für rechtmäßig.

In dem Verfahren ging es um die Ausstellung eines Reisedokuments für ein Kind zweier Mütter, für die nach bulgarischem Recht die Ausstellung einer Geburtsurkunde Voraussetzung ist. Diese war trotz Vorlage einer spanischen Geburtsurkunde, die die beiden miteinander verheirateten Frauen als Mütter auswies, verweigert worden, u. a. mit Verweis darauf, dass gleichgeschlechtliche Ehen im bulgarischen Recht nicht vorgesehen sind. Ein Problem war dabei vor allem auch, dass die beiden Frauen sich weigerten, die biologische Mutter zu benennen.

Das Verwaltungsgericht Sofia hatte mit Entscheidung Nr. 3251 vom 13.5.2022 angeordnet, dass die zuständige Behörde in Sofia innerhalb eines Monats nach Rechtskraft eine neue Entscheidung über die Ausstellung einer Geburtsurkunde zu fällen habe, und dabei in der Begründung u. a. auf das in einem Vorlageverfahren in derselben Sache ergangene EuGH-Urteil Rs. C-490/20 (StAZ 2022, 43ff. mit Besprechung von Ryšánková, StAZ 2022, 72ff., dazu auch Wall, StAZ 2022, 118ff.) verwiesen.

Der Oberverwaltungsgerichtshof erklärte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für inhaltlich unrichtig; auch die Entscheidung des EuGH sei, da sie auf einer falschen Beurteilung der Staatsangehörigkeit durch das vorlegende bulgarische Gericht basiere, nicht zutreffend. Nach Art. 60 des bulgarischen Familiengesetzbuchs sei die Abstammung von der Mutter durch die Geburt bestimmt. Dass die bulgarische Frau die Geburtsmutter sei, könne aber nicht festgestellt werden. Insofern könne auch nicht festgestellt werden, dass das Kind aufgrund von Art. 8 des bulgarischen Staatsangehörigkeitsgesetzes kraft Abstammung von einer bulgarischen Mutter die bulgarische Staatsangehörigkeit habe. Die durch den EuGH zugrundegelegte Annahme, dass das Kind die bulgarische Staatsangehörigkeit habe, treffe deshalb nicht zu. Insofern sei die Ausstellung einer bulgarischen Geburtsurkunde nicht geboten. Sie sei auch nicht deshalb geboten, weil das Kind sonst staatenlos werde, denn nach Art. 17 des spanischen Zivilgesetzbuchs erwürben in Spanien geborene Kinder die spanische Staatsangehörigkeit u. a. auch, wenn sie nach dem Staatsangehörigkeitsrecht der Staaten beider Elternteile kein Anrecht auf die entsprechende Staatsangehörigkeit hätten.

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