20. Januar 2014
Ägypten

Neue Verfassung verabschiedet

In einer Volksabstimmung am 14. und 15.1.2014 wurde mit einer Mehrheit von über 98% der Abstimmenden (bei geringer Abstimmungsbeteiligung von etwa 38%) eine neue ägyptische Verfassung angenommen. Während die allgemeine Berichterstattung sich vielfach auf deren Konsequenzen für das politische System konzentriert, sind einige Inhalte auch von familienrechtlicher Bedeutung.

Wie in allen bisherigen ägyptischen Verfassungen seit den 70er Jahren werden die Prinzipien der Scharia als Quelle der Gesetzgebung bezeichnet. Anders als in der während der Regierungszeit des islamistischen Präsidenten Mursi verabschiedeten Vorgängerverfassung werden diese Prinzipien aber nicht mehr näher definiert. Die Regelung in der alten Verfassung, die vorsah, dass die Kompatibilität der Rechtsetzung mit der Scharia von den höheren Religionsgelehrten der Al-Azhar-Universität überprüft werden solle, bzw. diese entsprechend zu konsultieren seien, wurde ebenfalls nicht übernommen. Das Monopol des Verfassungsgerichts in Bezug auf die Überprüfung von Gesetzen, das Viele durch diese Regelung infrage gestellt sahen, ist damit wieder hergestellt.

Den drei Buchreligionen (Islam, Christentum, Judentum) werden Freiheit der Religionsausübung und Bau religiöser Stätten garantiert. Dies schließt auch das Recht ein, familienrechtliche Fragen im Sinne der Religionsgemeinschaft zu regeln.

Darüber hinaus enthält die neue Verfassung in über das bisherige Maß hinausgehender Weise Rechte von Frauen. Dies betrifft nicht nur die Gleichberechtigung der Frau sondern auch die staatliche Verpflichtung, Frauen vor Gewaltausübung zu schützen sowie eine angemessene Repräsentation von Frauen in Staat und Verwaltung.

Insgesamt gesehen ist eine Rückkehr zu vor der Regierungsübernahme der Muslimbrüder geltenden Prinzipien zu konstatieren. Die unter den Muslimbrüdern vorhandene Tendenz zur Islamisierung, die auch familienrechtliche Angelegenheiten und die Stellung der Frau betraf, scheint damit gestoppt.