28. September 2022
Frankreich

Eintragung des Kindes einer Transgender-Mutter

Die Cour d’appel von Toulouse hat in einem Urteil vom 9.2.2022 entschieden, dass bei der Eintragung des Kindes einer Transgender-Frau, das mit ihren nach wie vor vorhandenen männlichen Geschlechtsorganen gezeugt wurde, diese Frau im Zivilstandsregister als Mutter anzugeben ist.

Nachdem der Beamte des Zivilstandsregisters sich geweigert hatte, die von der Transgender-Frau vorgeburtlich beim Notar vorgenommene Mutterschaftsanerkennung in die Geburtsbeurkundung des Kindes zu übernehmen, hatte das betroffene Paar den Rechtsweg eingeschlagen. Mit Urteil vom 14.11. 2018 hatte die Cour d’appel in Montpellier angeordnet, dass die Transgender-Mutter in der Geburtsurkunde des Kindes als „biologischer Elternteil“ eingetragen wird.

Mit Urteil vom 16.9.2020 hatte sodann die Cour de cassation entschieden, dass es nach französischem Recht nicht zulässig ist, in Personenstandsurkunden den Vater oder die Mutter des Kindes als „biologischen Elternteil“ zu bezeichnen, und dass das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eine solche Erwähnung nicht gebietet. Sie hob das Urteil auf und verwies den Fall an die Cour d’appel in Toulouse. Diese entschied nun im Sinne einer Eintragung als Mutter. Das Gesetz vom 18.11.2016, mit dem die Änderung des Geschlechtseintrags im Register ohne die Vornahme geschlechtsanpassender Maßnahmen ermöglicht wurde, enthalte insofern eine Regelungslücke. Auch das Bioethik-Gesetz vom 2.8.2021 habe in diesem Punkt keine Klarheit gebracht. Daraus, dass dieses grundsätzlich die Eintragung zweier Mütter auch außerhalb einer Adoption ermögliche, ergebe sich allerdings, dass hierin kein Verstoß gegen den ordre public zu sehen sei. Letztlich sah das Gericht, auch vor dem Hintergrund internationaler Menschenrechtskonventionen, die Eintragung im Sinne einer Berücksichtigung des vorrangigen Kindeswohls als notwendig an.

Pressemeldung der französischen Verwaltung mit Verlinkung der im Verfahren ergangenen Urteile