25. Februar 2015
Frankreich

Gleichgeschlechtliche französisch-marokkanische Ehe wirksam

Der französische Kassationshof hat am 28.1.2015 entschieden, dass eine gleichgeschlechtliche Ehe zwischen einem Franzosen und einem Marokkaner möglich ist. Zweifel hieran hatte es gegeben, weil zwischen Frankreich und Marokko das bilaterale Abkommen über das Personen- und Familienstatut und die justizielle Zusammenarbeit vom 10.8.1981 gilt, das die materiellen Ehevoraussetzungen für binationale Ehen dem Recht des jeweiligen Herkunftsstaats des Eheschließenden unterstellt. Nach marokkanischem Recht sind gleichgeschlechtliche Ehen nicht zugelassen, sodass bei entsprechender Anwendung des Abkommens eine Ehe nicht möglich gewesen wäre. Es wurde – auch in einem ministeriellen Rundschreiben – argumentiert, das Abkommen gehe nach den Regeln der Normenhierarchie (Art. 55 der Verfassung) der einfachgesetzlichen Zulassung gleichgeschlechtlicher Ehen im Code civil vor.

Der Kassationshof folgte nun jedoch, wie bereits die Vorinstanz, der Gegenargumentation, die davon ausgeht, dass Art. 202-1 Abs. 2 Code civil (der anordnet, dass zwei Personen gleichen Geschlechts eine Ehe schließen können, wenn für mindestens eine von beiden das Recht ihres Personalstatuts, das Recht ihres Domizilstaats oder das Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthalts dies zulässt) den französischen Ordre public modifiziert hat, dergestalt, dass unter den genannten Bedingungen nun auch die Eheschließungsfreiheit gleichgeschlechtlicher Paare hierzu zählt. Die in dem bilateralen Abkommen getroffene Regelung verstößt demnach insofern, als sie die Eheschließung wegen der Gleichgeschlechtlichkeit ausschließt, gegen den Ordre public. Art. 4 des bilateralen Abkommens sieht die Nichtanwendung des ausländischen Rechts in Fällen, in denen sonst ein manifester Verstoß gegen den Ordre public vorläge, ausdrücklich vor. Damit ist die Nichtzulassung gleichgeschlechtlicher Ehen durch das marokkanische Recht irrelevant und die Eheschließung möglich und wirksam.

Das Urteil ist von erheblicher praktischer Bedeutung, da in Frankreich etwa 1,3 Millionen Marokkaner leben und überdies weitere bilaterale Abkommen mit ähnlichen Bestimmungen existieren.

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