27. April 2022
Saudi-Arabien

Personalstatutsgesetz erlassen

Am 9.3.2022 ist in Saudi-Arabien erstmalig in der Geschichte des Landes ein Personalstatutsgesetz verabschiedet worden (arabischer Titel: „Nizhâm al-ahwâl ash-shakhsîya“ [Gesetz zum Personalstatut; in Saudi-Arabien wird der Begriff nizhâm statt qânûn für Gesetz verwendet]). Das Gesetz ist am 18.3.2022 veröffentlicht worden und tritt gemäß Art. 252 90 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.

Mit seinen 252 Artikeln umfasst das Gesetz den Bereich des Familienrechts (Art. 1-168) und das Erbrecht (Vermächtnis und gesetzliche Erbfolge). Es soll Bestandteil eines weiteren Reformprozesses des Rechts in Saudi-Arabien sein, der u. a. auch die Bereiche Zivilrecht, Strafrecht und Beweisrecht betrifft.

Wesentliche Regelungen sind:

Art 8: Der Ehevertrag ist pflichtgemäß zu registrieren, gemäß den Durchführungsbestimmungen.

Art 9: Das Mindestalter für die Ehe beträgt für beide Geschlechter 18 Jahre. Ausnahmen können vom Gericht angeordnet werden.

Art. 13: Für die Ehe ist die Zustimmung beider Ehepartner erforderlich.

Art. 15: Die Ehe kommt durch Angebot seitens des Vormundes der Ehefrau und durch Annahme durch den Ehemann zustande.

Art. 17: Die Rangordnung der Ehevormünder beginnt mit dem Vater. Danach folgt der von ihm ernannte Vormund, danach der Großvater väterlicherseits, danach der Sohn, danach weitere agnatische Verwandte gemäß der Erbfolge, zuletzt der Richter.

Art. 20: Eine gerichtliche Entscheidung kann an die Stelle einer Ablehnung der Ehe durch den Vormund treten.

Art. 90: Der Ehemann hat die Verstoßung seiner Ehefrau beim Gericht zu registrieren.

Art. 102: Auch der Loskauf aus der Ehe (al-khul') muss registriert werden.

Art. 104: Die gerichtliche Ehescheidung aufgrund eines Schadens, der das Eheleben unmöglich macht, kann von beiden Ehepartnern gefordert werden.

Art. 109: Bei einem Zerwürfnis in der Ehe, welches eine gerichtliche Scheidung möglich macht, soll zunächst durch zwei Schiedsrichter eine Versöhnung herbeigeführt werden.

Art. 127: In einer existierenden Ehe ist die tatsächliche Personensorge (al-hadâna) Aufgabe beider Ehepartner.

Art. 139: Die Vormundschaft in Vermögensangelegenheiten obliegt dem Vater des Minderjährigen, danach dem von ihm ernannten Vormund (al-wasî), nach dem vom Gericht ernannten Vormund.

Das Gesetz betont an einigen Stellen die Rechte der Frau, z. B. in Art. 43 zu den Ehewirkungen, sowie das Kindeswohl, so etwa bei der Festlegung der tatsächlichen Sorgeberechtigten (Art. 127 Abs. 2), die vom Gericht abweichend von der gesetzlichen Rangordnung bestimmt werden kann.

Link zum Gesetzestext (in arabischer Sprache)  

(Für die dieser Nachricht zugrundeliegenden Informationen bedankt sich die Bergmann-Redaktion herzlich bei Herrn Prof. Dr. Hans-Georg Ebert, Mitherausgeber des Bergmann.)